Sprache
Wählen Sie ein Land
Norwegen 1905 - 2005

Die Großmächte und die Krise der Union

Skandinavien war um die Zeit von 1905 für die europäischen Großmächte kein Gebiet von vorrangigem Interesse. Andere Länder und andere Gebiete waren wichtiger. Im Jahre 1905 war die Lage in Europa vom Krieg zwischen Russland und Japan beherrscht. Die Großmächte stritten sich um ihren Einfluss in den Kolonien. Insbesondere waren sie mit dem Kampf um Marokko beschäftigt. Dieser Punkt mündete im Juni 1905 in eine Krise zwischen Frankreich und Deutschland. Im Allgemeinen waren die Großmächte mit anderen Angelegenheiten beschäftigt und wollten sich nicht noch zu allem Überfluss mit einer Krise im Norden beschäftigen. Die einseitige Entscheidung Norwegens, die Union mit Schweden am 7. Juni aufzuheben, wurde als ein revolutionärer Akt aufgefasst, der zum Krieg führen konnte. Für die europäischen Großmächte war es im Jahre 1905 am wichtigsten, die Situation in den nordischen Ländern ruhig zu halten. Gleichzeitig waren die Großmächte daran interessiert, Norwegen als Monarchie zu erhalten, und die republikanischen Bestrebungen im Land erfüllten sie mit Sorge. Dies war der Hintergrund für das Interesse und die Einflussnahme der Großmächte im Frühsommer 1905.

Im Kampf um die Unterstützung der Großmächte spielten Informationskampagnen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung eine wichtige Rolle. Norwegen gründete im März 1905 ein Informationskomitee, um im Ausland Informationen über die Position Norwegens im Hinblick auf das internationale Recht und das Verfassungsrecht bekannt zu machen. Da die norwegische Regierung über kein eigenes diplomatisches Korps verfügte, mussten andere Kanäle genutzt werden. Der berühmte Arktis-Forscher Fridtjof Nansen und der ebenso berühmte schwedische Forscher Sven Hedin vertraten im Frühjahr 1905 in einem Streitgespräch in The Times ausführlich die beiden Positionen des Streits, und versuchten so, Sympathien für die jeweilige Sichtweise ihres Landes zu gewinnen. Weitere Schweden übernahmen Hedins Position im Sommer 1905. Obwohl Nansen formell als Privatperson agierte, waren die meisten seiner Stellungnahmen zuvor mit der norwegischen Regierung abgesprochen.

Um eine Lösung des Konflikts in der Union herbeizuführen, begannen die Briten schnell Druck auf Schweden auszuüben, waren aber darum bemüht, nicht allzu direkt hineingezogen zu werden und sich somit zu deutlich auf eine Seite des Streits zu stellen. Sowohl der russische als auch der französische Minister in Stockholm appellierten  an die schwedische Regierung, Schiedsverhandlungen zuzustimmen und keine übereilten Entscheidungen zu treffen. Sowohl die schwedischen als auch die norwegischen Unterhändler wussten, dass die Großmächte eine friedliche und vertraglich gesicherte Lösung wünschten und eingreifen würden, wenn sich die Parteien untereinander nicht einigen konnten. Für Schweden wäre es eine doppelte Erniedrigung gewesen, gezwungenermaßen eine auferlegte Lösung zu akzeptieren, und von der Entwicklung einer eigenen abgehalten zu werden. Aus diesem Blickwinkel spielte der von den Großmächten ausgeübte Druck eine wichtige Rolle bei der Sicherung eines Verhandlungsabschlusses und einer erzielten Übereinkunft der Streitparteien, und führte somit letztendlich zu einer Lösung des Konflikts in der Union.

Diesen Artikel einem Freund senden
Print version
Impressum About the site © 2003 Norwegen-Portal