Die Kirche von Norwegen ist eine protestantische Staatskirche mit dem König von Norwegen als Oberhaupt und dem Storting als oberste gesetzgebende Körperschaft. Die Königliche Familie ist verpflichtet, die evangelisch-lutherische Religion zu praktizieren.
In praktischer Hinsicht heißt das, dass der Königliche Rat für die übergreifende Regierungskontrolle der Kirche verantwortlich ist. Der Minister für Kulturelle und Kirchliche Angelegenheiten hat die administrative Verantwortlichkeit und der Storting (norwegische Nationalversammlung) bestimmt über die Annahme der kirchenbezogenen Gesetzgebung und des Haushalts. Alle Bischöfe und Dekane werden von der Regierung benannt. Die oberste kirchliche Körperschaft ist die Generalsynode.
Bis zur Reformation war Norwegen römisch-katholisch. Der Protestantismus wurde durch ein Königliches Dekret im Jahre 1537 angenommen und die Kirche von Norwegen wurde gegründet. Während des 18. Jahrhunderts geriet die Kirche von Norwegen unter den Einfluss des Pietismus, einer individuell orientierten, lutherischen Erweckungsbewegung aus Deutschland, die die Verbindung von Glauben und Handlung betonte. Die Pietisten bemühten sich stark darum, den christlichen Glauben und die christliche Ethik in das Leben eines jeden Menschen einfließen zu lassen, beispielsweise durch die Einführung der Konfirmationszeremonie (1736) und der Volksschulen (1739). Während dieser Zeit zeigten die norwegischen Pietisten großes Interesse an missionarischer Tätigkeit, insbesondere in Bezug auf Grönland und die samischen Regionen in Nordnorwegen.
Die orthodoxen Lutheraner hatten seit dem frühen 17. Jahrhundert die Vorherrschaft, und für lange Zeit war keine andere Religion als die Kirche von Norwegen gestattet. Im 19. Jahrhundert ging eine Welle des religiösen Wiedererwachens durch Norwegen, als Laienprediger – nicht ordinierte Evangelisten ohne kirchliche Ausbildung – begannen, ohne Genehmigung der offiziellen Kirchenkreise, die Bibel zu predigen. Das Verbot der Laienpredigten wurde 1842 aufgehoben. Durch das evangelische Wiedererwachen im 19. Jahrhundert gewannen die Pietisten noch stärkeren Rückhalt und protestierten lautstark gegen das, was sie für eine halbherzige Religiosität der ordinierten Kirchenmänner hielten. Somit war die Kirche von Norwegen, im Gegensatz zu den Kirchen von Dänemark und Schweden, in dieser Zeit stark mit dem Pietismus und einer machtvollen Laienbewegung verbunden.
Die Ideale der Laienbewegung und ihre konservative Interpretation des Christentums begannen schrittweise, den norwegischen Klerus zu beeinflussen. Die norwegischen Kirchenkreise im 20. Jahrhundert waren charakterisiert durch die Spannungen zwischen liberalen und konservativen Lagern, insbesondere hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Sichtweise der historischen Bibelforschung. Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ist jedoch eine größere Vielfalt der kirchenbezogenen und theologischen Standpunkte aufgekommen.
Die Legalisierung der Laienpredigten ebneten auch einer großen Vielzahl von christlichen Freikirchen den Weg. Die größte dieser Freikirchen ist die Pfingstbewegung, und andere wichtige Freikirchen sind die Evangelisch-Lutherische Freikirche in Norwegen und die Norwegische Union der Baptisten.
Die gedeihende Römisch-Katholische Kirche wurde in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts wieder eingeführt und hat eine wachsende Zahl von Anhängern.
aus: Aschehoug and Gyldendals Norwegischer Enzyklopädie