Die ersten Menschen in dem Gebiet, das heute Norwegen genannt wird, tauchten in grauer Vorzeit auf, als die großen Eisdecken sich vom skandinavischen Festland zurückzogen. Vor 10.000 Jahren jagten die Vorväter der heutigen Norweger Rentiere und andere Beute auf ihrem langen Zug nach Norden. Das Land, in das sie kamen, hatte für Jahrhunderte das Gewicht der Eisdecke getragen, und das Meer stieß 200 Meter über der Stelle auf die Küste, wo sie heute aufeinander treffen. Das älteste Zeugnis menschlicher Aktivität wurde auf einem Hügel in der südöstlichen Region des Landes Østfold gefunden, nicht weit entfernt von der südlichen Grenze zu Schweden. Zur damaligen Zeit war der Hügel wahrscheinlich eine Insel vor der Küste, geradewegs südlich vor der Spitze des Gletschers.
Obwohl es keine allgemeine Übereinstimmung darüber gibt, woher die Vorfahren der heutigen Norweger kamen, oder über welche Routen sie in den Norden gelangten, ist es so gut wie sicher, dass eine dieser Routen durch Østfold führte. Die in den dortigen Siedlungen gefundenen Artefakte sind vom selben Typ wie diejenigen, die in Südschweden und Dänemark gefunden wurden. Eine andere Route führte möglicherweise von dem heute als Nordsee-Kontinent bezeichneten Gebiet in das südwestliche Norwegen.
Diese ersten Norweger waren Jäger, die sich in kleinen Gruppen niederließen. Ihre Existenz kommt durch die Steinwerkzeuge, die Tongefäße und, vielleicht in spektakulärster Form, durch die hinterlassenen Felsgravierungen zu Tage. Beispiele ihrer in den Fels gehauenen oder geschliffenen Kunst finden sich praktisch in ganz Norwegen. Die Gravierungen scheinen ihre Beutezüge darzustellen: Rentiere, Elche, Hirsche, Bären und Fische. Seltener, doch nicht weniger beeindruckend, finden sich Darstellungen von Menschen oder Booten.
Der Übergang zur Landwirtschaft vollzog sich in Norwegen vor ca. 5.000 bis 6.000 Jahren, zunächst in der Region um den Oslofjord. Archäologische Funde aus der Bronzezeit (1500 – 500 v. Chr.) sind von Resten einer Bauernkultur beherrscht, insbesondere im südlichen Norwegen. Funde der gleichen Zeit aus Nordnorwegen zeigen, dass die Menschen dort Jäger waren. Die Überreste großer, von Jägern bewohnter Siedlungen, die an vielen Orten in der Finnmark, im äußersten Norden, gefunden wurden, belegen deutlich die Zusammenarbeit von vielen Individuen.
Grabfunde aus dem Römischen Zeitalter (0 – 400 n. Chr.) zeigen, dass es Verbindungen zu den Zivilisationen im Süden gab. Unter den Funden gab es Bronze- und Glasutensilien sowie Waffen. Die Kunst des Schreibens in Form der Runen wurde zu dieser Zeit ebenfalls in Norwegen bekannt.
Die Völkerwanderungen von 400 bis 550 n. Chr. waren eine unruhige Zeit in der Geschichte des europäischen Kontinents, und in Norwegen gefundene Artefakte deuten darauf hin, dass dort die gleichen Bedingungen herrschten. Die Existenz von Bauerhöfen in kleineren Gebieten weist darauf hin, dass die Besiedelung einen Sättigungsgrad erreicht hatte. Analysen lassen erkennen, dass die Küstengebiete im Westen zu dieser Zeit unbewaldet waren. Die unruhigen Zeiten veranlassten die Stämme zur Gründung von Verteidigungssystemen, wie z.B. Festungen, deren Überreste man entlang einer 50 Km langen Strecke am Ostufer des größten norwegischen Sees, des Mjøsa-Sees, finden kann.
Von Tor Dagre