Gespenster
Entstehung
Von Ibsens ersten Aufzeichnungen zu 'Gespenster' sind eine Reihe von Fragmenten erhalten, die keine Datumsangaben tragen, aber wahrscheinlich aus dem Winter und Frühjahr 1881 stammen. Der erste zusammenhängende Entwurf zu dem Stück wurde Anfang Juni 1881 begonnen. Ibsen lebte zu diesem Zeitpunkt in Rom. Am 18. Juni schreibt Ibsen an seinen dänischen Verleger Frederik Hegel:
"Anfang dieses Monats begann ich mich mit einem Schauspielstoff zu befassen, der meine Gedanken seit langem beschäftigt hat und jetzt so stark auf mich eindrang, daß ich ihn unmöglich länger liegen lassen konnte. Ich hoffe, Ihnen das Manuskript noch vor Mitte Oktober schicken zu können. Den Titel des Stückes werde ich [Ihnen] später mitteilen, Heute will ich nur bemerken, daß ich es als «ein Familiendrama in drei Akten» bezeichne."
Der erste Entwurf ist nicht erhalten, wurde aber, wie aus einem Ende September von Ibsen an Hegel abgesandten Brief hervorgeht, am 23. September fertiggestellt - Ibsen hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Sorrento auf. Zwei Tage danach begann Ibsen an der Reinschrift zu arbeiten. Diese Reinschrift ist erhalten, und die Tatsache, dass das Manuskript so viele Berichtigungen enthält legt die Vermutung nahe, dass Ibsen eine weitere Reinschrift anfertigte. Die erste Reinschrift, an der er am 25. September 1881 zu arbeiten begann, trägt die folgenden Datumsangaben:
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Angefangen |
Beendet |
1. Akt |
25. September |
4. Oktober |
2. Akt |
13. Oktober |
20. Oktober |
3. Akt |
21. Oktober |
24. Oktober |
Der erste Akt wurde am 16. Oktober in Reinschrift an Hegel geschickt. Der zweite Akt nebst der ersten Seite des dritten Aktes wurde am 4. November aufgegeben, während der letzte Akt vermutlich zwei Wochen später abgesandt wurde.
Am 23. November 1881 schreibt Ibsen mit einer gewissen Vorahnung der Dinge, die da kommen sollten, an Hegel: "Die 'Gespenster' werden wahrscheinlich in einigen Kreisen Alarm schlagen, aber das mag geschehen. Würden sie es nicht tun, dann wäre es unnötig gewesen, das Stück zu schreiben."
Erstausgabe
'Gespenster' erschien am 13. Dezember 1881 im Verlag Gyldendalske Boghandel (F. Hegel & Sohn) in Kopenhagen in einer Auflage von 10 000 Exemplaren.
Das Buch entfachte einen Sturm des Abscheus und des Zornes, wie ihn Ibsen in diesem Ausmaße nie zuvor erlebt hatte. Man warf ihm Nihilismus vor, einen Angriff auf die grundlegenden Werte der Kirche, die Verteidigung der freien Liebe und die Verletzung von Tabus wie Inzest und Syphilis.
Der Auffuhr schadete dem Absatz des Buches. Große Ladungen unverkaufter Exemplare gingen an den Verlag zurück. Die Buchhändler wollten das Buch nicht in ihren Geschäften auslegen. Erst 1894 wurde eine neue Auflage des Buches gedruckt.
Uraufführung
Gespenster wurde an etlichen Theatern in den nordischen Ländern eingereicht, aber der Reihe nach von allen abgelehnt, darunter Det Kongelige Teater in Kopenhagen, Nya Teatern und Dramaten in Stockholm und das Christiania Theater.
So kam es, dass die Uraufführung von Gespenster am 20. Mai 1882 in der Aurora Turner Hall in Chicago stattfand, gleichzeitig die erste Aufführung eines Stückes von Ibsen auf amerikanischem Boden. Das Stück wurde in der Originalsprache für skandinavische Auswanderer gespielt. Die dänische Schauspielerin Helga von Bluhme spielte die Rolle der Frau Alving. Die anderen Rollen waren mit dänischen und norwegischen Amateurschauspielern besetzt.
Die Erstaufführung in Europa fand am 22. August 1883 in Helsingborg statt. Die Wandertruppe des Schweden August Lindberg führte das Stück auf; Lindberg selbst führte Regie und spielte den Osvald. Nach der Premiere in Helsingborg wurde das Stück in Kopenhagen, Stockholm und - am 17. Oktober 1883, zum ersten Mal auf norwegischem Boden - am Møllergadens Theater in Kristiania gespielt. Die Inszenierung erhielt sehr gute Kritiken und wurde im Herbst 1883 sage und schreibe 75 Mal aufgeführt.
Geschrieben von: Jens-Morten Hanssen/ibsen.net