Entstehung
Ibsen schrieb während seines gesamten Schriftstellerlebens Gedichte, aber in erster Linie in der ersten Hälfte seiner Schaffenszeit, bis 1875. Danach gab er den Vers als Kunstform nahezu auf.
Die frühesten Gedichte von Ibsen – geschrieben in seiner Grimstader Zeit – waren Spottverse und -gedichte. Der erste "ernsthaftere" Versuch im Genre Gedicht war "Resignation", geschrieben 1847. Zwei Jahre später, am 28. September 1849, wurde eines seiner Gedichte in der Zeitung Christiania-Posten abgedruckt. Das Gedicht hieß 'Im Herbst' und wurde unter dem Pseudonym Brynjolf Bjarme veröffentlicht. Ibsen debutierte also als Lyriker, bevor er als Dramatiker debutierte (sein erstes Drama, 'Catilina', erschien 1850).
Zwischen 1850 und 1870 veröffentlichte Ibsen Gedichte in einer Reihe von Zeitungen und Zeitschriften: Christiania-Posten, Aftenbladet, Morgenbladet, Andhrimner, Samfundsbladet, Illustreret Nyhedsblad, Bergens Stiftstidende, Bergensposten und Fædrelandet. Er spielte mehrmals mit dem Gedanken, eine Gedichtsammlung herauszugeben, das erste Mal gleich nachdem er nach Kristiania gekommen war, 1850 (siehe das Gedichtheft Blandede Digtninger fra Aarene 1848, 1849 og 1850 – Gemischte Gedichte aus den Jahren 1848, 1849 und 1850.
Aber erst 1870 setzte Ibsen seine Pläne in die Tat um. Er wohnte zu dieser Zeit in Dresden und benötigte die Hilfe des Oberlehrers Jakob Løkke, um Abschriften seiner Gedichte zu beschaffen, die in norwegischen Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt worden waren. Eigene Exemplare davon besaß er größtenteils nicht.
Am 8. Januar 1871 schrieb Ibsen an seinen Verleger Frederik Hegel: "Die Abschrift meiner Gedichte habe ich erhalten. Es ist ein dickes Buch, aber vorläufig verzichte ich auf drei Viertel und arbeite den Rest um. Ich habe schon begonnen."
Jedes Gedicht wurde durchgegangen und in größerem oder geringerem Umfang umgearbeitet. Der erste, der zweite und der dritte Teil des Manuskripts der Sammlung wurden am 21. Januar, am 31. Januar bzw. am 8. Februar 1871 an Hegel gesandt. Am 16. und 25. Februar folgten noch einige weitere Gedichte. Und einen 'Nachzügler' brachte Ibsen sogar erst am 15. April auf den Weg, den 'Reimbrief an Frau J. L. Heiberg' (wird von vielen für das Beste gehalten, das Ibsen je in Gedichtform geschrieben hat).
Erstausgabe
'Gedichte' erschien im Verlag "Gyldendalske Boghandel" (F. Hegel) in Kopenhagen am 3. Mai 1871 in einer Auflage von 4000 Exemplaren.
Das Buch erhielt überwiegend positive Kritiken. Besonders gespannt war Ibsen auf das Urteil von Georg Brandes. Seine Kritik viel nicht gerade positiv aus, was vielleicht dazu beitrug, dass Ibsen einige Jahre später die Versform verwarf. Edmund Gosses Besprechung in der Zeitschrift Spectator war die allererste Erwähnung eines Werkes von Ibsen in England.
Im Dezember 1875 erschien die 'Zweite erweiterte Auflage' von 'Gedichte'. Die Sammlung war um vier neue Gedichte ergänzt worden. Zu Ibsens Lebzeiten erschienen sieben Auflagen von Gedichte.
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