Als Liv Ullmann 1978 mit den Dreharbeiten zur Fernsehproduktion der „Frau vom Meer“ (Regie: Per Bronken) beschäftigt war, sagte in einem Interview, dass Ibsen, wenn er heute leben würde, bestimmt Filmemacher geworden wäre. Der damalige Theaterkritiker Erik Pierstoff reflektierte Liv Ullmanns Aussage in der Zeitschrift ‚Film & Kino’ (Nr.1, 1978): „Ibsen hätte sehr wohl Filmemacher werden können...Er hatte eine ganz spezielle visuelle Begabung...Obwohl dieser Gedankengang auch ein Hirngespinst ist – es lässt sich nicht verleugnen, dass vieles in seinen Texten – oder präziser, die Thematik seiner späten Stücke, einen Drang nach Visualisierung in sich tragen. Es ist spannend zu überlegen, was für eine Art von Film Ibsen wohl produziert hätte.“
In der selben Ausgabe der Zeitschrift publizierte der Schriftsteller Karsten Alnæs einen weiteren Artikel zu Thema hat: "Ibsen hat wenig mit einem Filmemacher zu tun, sein Werke sind weit entfernt davon. Die meisten der Ibsen-Filme sind schlecht und uninterresant – es gibt nur eine einzige Ausnahme von der man behaupten könnte, dass sie in die Filmgeschichte eingegangen sei.“ Alnæs spielt hier auf Victor Sjöströms Verfilmung von ‚Terje Vigen’ an, die 1916 die goldenen Zeit des schwedischen Stummfilms einleiten sollte. (Elisabeth Liljendahl: Der Stummfilm in Schweden [Stumfilmen i Sverige], Proprius 1975).
20 Jahre später, im September 1998, veranstaltete das norwegische Zentrum für Ibsen-Studien gemeinsam mit dem norwegischen Filminstitut das Seminar ’Ibsen on screen’. Astrid Sæther, Direktorin des Zentrums für Ibsen-Studien, stellte wie Alnæs fest: ”Es gibt kaum Ibsenverfilmungen die einen Stellenwert in der Filmgeschichte ausmachen (mit Ausnahme von ’Terje Vigen’). (...) Ibsens Werke sind voll von guten Geschichten. Warum ist es noch niemandem gelungen, auf der Grundlage dieser Werke einen künstlerisch wertvollen Film zu schaffen? Bei Shakespeareverfilmungen ist dies mehrmals geglückt.”
Mit den oben erwähnten Fakten als Hintergrund hat das norwegische Filminstitut jetzt die dritte, revidierte Ausgabe ihrer Filmographie über Ibsenverfilmungen herausgegeben. Die neue Version wird hier in Zusammenarbeit mit ibsen.net und dem norwegischen Zentrum für Ibsen-Studien zum ersten Mal präsentiert. Weiter müsste man einer zweiten Frage nachgehen, die Alnæs ebenfalls in seinem Artikel stellt: „Die meisten der bedeutenden Filmregisseure haben klugerweise einen großen Bogen um Ibsen gemacht. Sie haben verstanden, dass Ibsens imaginär-symbolische Welt auf der Theaterbühne und nicht im Film zu Hause ist“ – mag das der Grund für die geringe Anzahl von Ibsenverfilmungen sein?
Die hier präsentierte Filmographie bewertet keinen der aufgeführten Filme, denn das ist Aufgabe der Geschichte.
Bis jetzt sind 53 Filme registriert worden, darunter 12 Verfilmungen von ’Nora’, die im Zeitraum zwischen 1911 (USA) und 1993 (Iran) entstanden sind. Die internationale Bedeutung dieses Dramas bestätigt sich ebenfalls dadurch, dass ’Nora’ jetzt, nachdem es von der norwegischen UNESCO-Kommision nominiert wurde, auf die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes (Memory of the World) gesetzt worden ist
Die Filmographie beinhaltet Verfilmungen aus vier Kontinenten; Europa, Asien, Australien, Nord- und Südamerika. Afrika ist der einzige Kontinent, der keine Verfilmungen registriert hat. Vielleicht ändert sich das mit der Jubiläumsausgabe 2006 – die Suche in den internationalen Filmarchiven wird fortgesetzt!
Fernsehproduktionen sind in der Filmographie nicht mit einbegriffen. Wären sie es, so hätte das den Umfang der Filmographie beträchtlich erweitert. Vor allem die vom norwegischen Fernsehen produzierten Dramen würden viel Platz beanspruchen.
Die Filmographie ist ein Referenzwerk und kein Katalog über die existierenden Filme. Viele der aufgeführten Exemplare gelten bereits als für immer verschollen, andere sind unvollständig oder schwer zu beschaffen. Die Informationen über die einzelnen Filmtitel sind mehr oder minder vollständig, je nach dem Stand der Recherchen. Es ist unser Ziel gewesen, eine möglichst vollständige Übersicht über die Ibsen-Verfilmungen herzustellen. Wir hoffen, dass wir den Nutzern jetzt die nötigen Informationen bieten können.
Fragen bezüglich der einzelnen Filme bitte an .
Vigdis LianDirektor, Norwegisches Filministitut [Norsk filminstitutt]