Im Jahr 2002 feierte Norwegen ein halbes Jahrhundert Entwicklungszusammenarbeit. Im Laufe dieser 50 Jahre waren wir eine treibende Kraft in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Heute ist Norwegen ein Hauptgeberland nicht nur hinsichtlich erheblicher Zuwendungen an Entwicklungsländer und internationale Hilfsorganisationen, sondern auch weil es aktiv an der internationalen Debatte über dieses Thema teilnimmt. Norwegische Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich auf die Bekämpfung der Armut. Die am wenigsten entwickelten Länder und besonders gefährdete Gruppen haben Vorrang. Dies steht in Einklang mit den Millenium-Entwicklungszielen (MDGs-Millenium Development Goals), deren erstes und wichtigstes es ist, die Anzahl der in totaler Armut lebenden Menschen bis zum Jahr 2015 zu halbieren.
Multilaterale Zusammenarbeit ist für ein kleines Land unverzichtbar. Norwegen war immer ein treuer Anhänger des UN-Systems und hat zur Arbeit der Weltbank beigesteuert. Norwegen unterstützt auch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, das für die Überwachung der Bemühungen um Erreichen der MDGs verantwortlich ist. Viele norwegische Aktivitäten in der Entwicklungszusammenarbeit fördern auch den Frieden. Die ständige Verbesserung des Wohlergehens und der Rechte der Menschen sind wichtige Elemente bei der Arbeit für den Frieden, was bedeutet, dass unsere Entwicklungspolitik ein zentraler Teil unserer Außenpolitik ist. Den norwegischen Bemühungen um Friedensförderung im Nahen Osten, Sudan, Sri Lanka und Guatemala folgten lange Jahre der zielgerichteten Entwicklungshilfe.
Die norwegische Entwicklungszusammenarbeit gründet sich auf den Prioritäten der Partnerländer. Die norwegischen Bemühungen sollen dabei helfen, die MDGs zu erreichen, und die Entwicklungspläne und die Strategien der Länder zum Abbau der Armut umzusetzen. Norwegen wünscht, dass die Nehmerländer die volle Verantwortung für die Verwendung der Mittel tragen. Die Verantwortlichkeit der Nehmer ist ein Leitmotiv in der norwegischen Entwicklungspolitik und erfordert eingehende Gespräche zwischen den Nehmerländern und den Einrichtungen der Norwegischen Entwicklungshilfe.
Norwegen ist nur eines der vielen Geberländer und Organisationen, die die Entwicklung in den Entwicklungsländern fördern. Für ein Nehmerland mit begrenzten verwaltungstechnischen Möglichkeiten ist es schwierig, mit einer so großen Zahl an verschiedenen Akteuren umzugehen, die alle unterschiedliche Ziele und Arbeitsmethoden haben. Daher ist es wichtig, dass die Geberländer die ohnehin schon überbeanspruchten Kapazitäten der Nehmerländer nicht weiter durch dürftige Koordination und diverse Berichtsanforderungen belasten. Gute Koordination des Geberlands, vom Nehmerland angeführt, ist somit ein wichtiges Prinzip der norwegischen Entwicklungspolitik und sichert, dass die begrenzten Ressourcen effektiver genutzt werden.
Ungebundene Hilfe ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, internationale Hilfe zu vereinfachen und effektiver zu machen. Der Großteil der norwegischen Hilfe ist bereits ungebunden. Das heißt, dass die norwegische Entwicklungshilfe nicht an die Abnahme norwegischer Güter gebunden ist. Im Falle der internationalen Ausschreibung eines Projektes erhält daher der Empfänger, sei es nun eine multilaterale Organisation oder ein bestimmtes Land, die Produkte, die seinen Bedürfnissen am besten entsprechen.
Es herrscht breite Einigkeit darüber, dass mehr Hilfsmittel aufgebracht werden müssen, wenn die MDGs in den am schwächsten entwickelten Ländern erreicht werden sollen. Nur mit einer weiteren Anhebung der internationalen Entwicklungshilfe können die MDGs erreicht werden. Die Entwicklungshilfe lag 2005 bei USD 106,5 Milliarden. Auch wenn dies Rekordzahlen sind, sollte man nicht darüber hinwegsehen, dass ein großer Teil dieser Mittel als Schuldenerlass bereitgestellt wurden, nicht zuletzt an Länder wie Nigeria oder Irak. Die meisten Geberländer wie die EU oder die Vereinigten Staaten haben eine beträchtliche Erhöhung ihrer Entwicklungshilfebudgets angekündigt. Ziel der norwegischen Regierung ist es, die staatliche Entwicklungshilfe auf 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben.
Entwicklungszusammenarbeit bedeutet mehr als Dollar und Kronen. Gute Handelsbedingungen, Schuldenerlasse und mehr Investitionen sind ein größeres Entwicklungsstimulans als der reine Geldtransfer. Norwegen hat zu seinem heimischen Markt einen zoll- und quotenfreien Zugang für alle Güter - mit der Ausnahme von Waffen - aus den schwächst entwickelten Ländern geschaffen. Wir verfolgen außerdem eine aktive Politik der Schuldenerlassung, und über den Norwegischen Investitionsfond für Entwicklungsländer (NORFUND) stellen wir für die Entwicklung profitabler und nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten in Entwicklungsländern Investitionskapital, Darlehen und Garantien zur Verfügung.
Die Regierung erachtet es als wichtig, dass die norwegische Politik die Bemühungen um Reduzierung der Armut in den Entwicklungsländern nicht behindert, und sie unterzieht alle Aspekte ihrer Politik einer genauen Betrachtung, sodass sie nötigenfalls angepasst werden können. Hiermit meinen wir das, was man im Englischen als „policy coherence“ bezeichnet – das heißt, dass die Politik in allen Bereichen dieselbe Richtung verfolgt.
Die norwegische Entwicklungspolitik wird von einer Anzahl von Akteuren aus dem staatlichen und privatwirtschaftlichen Bereich umgesetzt. Die Agentur für Entwicklungszusammenarbeit (NORAD) ist selbstverständlich einer der Hauptakteure, doch das Friedenskorps, andere NGOs, die Privatwirtschaft, Forschungs- und Kultureinrichtungen, sowie eine Reihe von Regierungsinstitutionen leisten erhebliche Mitwirkung. Die Ziele der norwegischen Entwicklungspolitik sind ehrgeizig. Norwegen wird seine aktive Beteiligung am Kampf gegen Armut und für Entwicklung weiterführen.
Norwegisches Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten