Das norwegische Parlament (Storting) hat beschlossen, dass Kriegskinder des Zweiten Weltkriegs in Norwegen nun eine Billigkeits-entschädigung beantragen können.
24.06.2005 :: Erweiterung der Billigkeitsentschädigungs-regelung des norwegischen Stortings
Die Billigkeitsentschädigungsregelung des Stor-tings sieht vor, dass bei Vorliegen bestimmter Umstände ein finanzieller Ausgleich gezahlt werden kann. Auf eine solche Entschädigung besteht also kein rechtlicher Anspruch. Eine Billigkeitsentschädigung kann in der Praxis Personen zuerkannt werden, die in eine außer-ordentlich ungünstige Lage geraten sind und einen Schaden erlitten haben, der nicht durch allgemeine Schadensersatzregelungen, Sozial-leistungen oder Versicherungen gedeckt wird. Bei der Ermessensentscheidung spielt die Frage, ob öffentliche Stellen kritikwürdig gehandelt haben, eine wesentliche Rolle.
Die Billigkeitsentschädigungsregelung wurde jetzt so ausgeweitet, dass sie auch Umstände umfasst, von denen besonders Kriegskinder des Zweiten Weltkriegs in Norwegen betroffen waren. Solche Kriegskinder können natürlich auch eine Billigkeitsentschädigung nach der bisherigen Regelung beantragen, die als mög-liche Begründungen unter anderem vorsah: unzureichende Schulbildung, Versäumnisse der Jugendhilfe- oder Gesundheitsbehörden und sexuelle Übergriffe, die vor Inkrafttreten der Bestimmungen über eine Entschädigung für Opfer von Gewalttaten am 01.01.1975 begangen wurden. Wenn bereits eine Billig-keitsentschädigung zuerkannt wurde, kann für die gleichen Umstände nicht erneut eine solche Entschädigung beantragt werden.
Voraussetzung für die Antragstellung
Eine Billigkeitsentschädigung kann Personen zuerkannt werden, die in den Jahren 1940–46 geboren sind, eine norwegische Mutter haben und deren Vater den deutschen Besatzungs-truppen in Norwegen angehörte. Die oder der Antragstellende braucht nicht die norwegische Staatsangehörigkeit zu besitzen.
Welche Umstände können als Begründung angeführt werden?
Einen Antrag auf Billigkeitsentschädigung nach der erweiterten Regelung können Personen stellen, denen durch die Tatsache, dass sie Kriegskinder sind, ein besonderes Maß an Leiden, Schaden und Unbilligkeit zugefügt wur-de. Zu den typischen Umständen, von denen Kriegskinder betroffen waren und die als Begründung für eine Billigkeitsentschädigung angeführt werden können, zählen:
Hin- und Hersendung zwischen Norwegen und Deutschland
unrechtmäßige Adoption
Schikanierung (Mobbing)
Hiermit ist jedoch keine vollständige Aufzählung relevanter Umstände gegeben. Entscheidend für die Zuerkennung einer Billigkeitsentschädigung ist die Frage, ob die im Antrag genannten Umstände nach konkreter Prüfung und pflicht-gemäßem Ermessen als Leiden, Schaden und Unbilligkeit im Sinne der Bestimmungen anzu-sehen sind.
Zur Höhe der Entschädigung
Es kann eine Billigkeitsentschädigung in Höhe von bis zu 200 000 norwegischen Kronen zuerkannt werden. In der Regel liegen die gezahlten Entschädigungen derzeit zwischen 60 000 und 120 000 Kronen.
Personen, die unter Schikanierung (Mobbing) leiden mussten, können eine solche Behandlung oft nur schwer nachweisen. Für Kriegskinder wurde hier eine Sonderregelung beschlossen, nach der auf Grund einer glaubwürdigen Erklä-rung der oder des Betroffenen eine Billigkeits-entschädigung in Höhe von 20 000 Kronen zuerkannt werden kann. Wird ein durch die Schikanierung verursachter schwerer Schaden nachgewiesen, kann die Billigkeitsentschädigung wesentlich höher ausfallen.
Zum Antragsverfahren
Über die Anträge auf Billigkeitsentschädigung entscheidet der Billigkeitsentschädigungs-ausschuss des norwegischen Parlaments. Die Prüfung der Anträge und die Ausarbeitung einer Beschlussvorlage erfolgt im Sekretariat des Ausschusses. Wenn dies erforderlich ist, kann das Sekretariat von anderen öffentlichen Stellen Auskünfte einholen. Ist der Antrag unvollständig, wird die oder der Antragstellende darauf auf-merksam gemacht. Das Sekretariat hat auch eine beratende Funktion.
Das Antragsverfahren wird auf Norwegisch durchgeführt, und die Entscheidung wird in norwegischer Sprache abgefasst. Eine deutsche Kurzfassung des Ergebnisses wird bei Mitteilung der Entscheidung beigefügt.
Wie ist der Antrag zu stellen?
Ein Antrag ist auf dem hierfür vorgesehenen, diesem Informationsblatt beiliegenden Antragsformular zu stellen.
Falls dieses Antragsformular nicht benutzt wird, muss der Antrag folgende Angaben enthalten:
Voller Name der / des Antragstellenden (ggf. einschl. früherer Namen), Anschrift, Telefon-nummer, Geburtsdatum und Geburtsort
Nach Möglichkeit ist eine Kopie der Geburts-urkunde und/oder der Registrierungskarte des Lebensborn-Archivs (Auskünfte hierzu beim Norwegischen Zentralarchiv) beizufügen.
Der Antrag muss außerdem Angaben über den Vater der / des Antragstellenden enthalten. Hier-zu zählen in erster Linie voller Name, Geburts-datum, Staatsangehörigkeit und Beziehung des Vaters zur deutschen Besatzungsmacht sowie Angaben über den Stationierungsort des Vaters im fraglichen Zeitraum in Norwegen.
Außerdem muss der Antrag Angaben über die Mutter der / des Antragstellenden enthalten. Hierzu zählen voller Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Nationalität.
Im Antrag sind die Umstände, unter denen die / der Antragstellende gelitten hat, und die daraus entstandenen persönlichen Folgen näher zu beschreiben.
Im Antrag ist ein Konto anzugeben, auf das eine zuerkannte Entschädigung überwiesen werden kann.
Antragsfrist
Die erweiterte Billigkeitsentschädigungsregelung für Kriegskinder des Zweiten Weltkriegs in Norwegen ist zeitlich auf 2 Jahre begrenzt. Dies bedeutet, dass ein Antrag auf Billigkeitsentschädigung spätestens am
1. Juli 2007
beim Sekretariat des Parlamentsausschusses (siehe unten) eingegangen sein muss.
Anschrift des zuständigen Sekretariats
Justissekretariatene (Norweg. Justizsekretariatsstelle), Postboks 8027 Dep,
NO-0030 Oslo / Norwegen
Weitere Auskünfte und Antragsunterlagen
bei der Justizsekretariatsstelle,
Telefon: +47 22 99 13 25
Telefax: +47 22 99 13 26
E-Mail:
www.justissekretariatene.no